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HipHop und neue Medien.

Wer schon längere Zeit HipHop-Fan ist weiß, dass sich über den Lauf der Zeit viel getan hat in unserem Lieblingsgenre.

„We came a long way“ von Boom Bap, zu Trap bis zu Hyperpop. Viele Dinge unterliegen einem ständigen Wandel, so auch die Musik die wir konsumieren.

Besonders stark betroffen ist immer wieder das HipHop-Genre, welches gerade über die letzten Jahre immer weiter in den Mainstream gerückt ist und dabei schon vor 20 Jahren als Spiegel der Gesellschaft bezeichnet wurde.

Doch was genau ist anders, dass wir von Künstlerikonen wie Biggie, Tupac, oder dem WuTang-Clan, zu einer immer breiter werdenden Masse an modernen Künstlern wie den Migos, Lil Uzi, oder Yeat gekommen sind.

Auch bei den Leuten die kein Teil dieser Industrie sind, sollte dieser Wandel nicht unbemerkt geblieben sein. Songs sind heutzutage kaum noch 3 Minuten lang, CD´s findet man eingestaubt gleich neben den Vinyls und keiner muss mehr 10€ in die Hand nehmen, um ein einzelnes Album hören zu können. Das Internet, Social Media und die weltweite Vernetzung von Artists, Producern und Labels haben ihre Spuren hinterlassen, doch was sind mögliche Gründe dafür?

 

Internet

Fangen wir vielleicht mit dem einfachsten Punkt an: das Internet. Hier liegt der Ursprung eines großen Wandels, dem nicht nur die Musikindustrie, sondern so gesehen die ganze Welt unterliegt. Im Laufe der Jahre, wurde die Anzahl an Informationen immer größer und dazu noch immer schneller verfügbar.

Dies hat natürlich zur Folge, dass sich Künstler, Produzenten, Labels usw. sehr schnell miteinander vernetzen und austauschen können. Außerdem ist neben einer Menge an unnützen Informationen, die wir jeden Tag konsumieren, natürlich auch einiges an sinnvollen Informationen aufzufinden. Seit einiger Zeit kann man beobachten, dass es immer wieder sehr junge Artists und Produzenten schaffen in Erscheinung zu treten. Das mag unter anderem an YouTube-Tutorials, aber natürlich auch Internet-Artikeln etc. liegen, welche wertvolles Wissen für jeden verfügbar machen.

Bekannt wird man nicht mehr nur, indem man einen Vertrag bei einer großen Plattenfirma unterschreibt, sondern indem man durch seine Onlinepräsenz in Erscheinung tritt. Oft reicht schon ein einziger Song der durch den Algorithmus gepusht wird und plötzlich haben einen sehr viel mehr Leute auf dem Schirm, als man ursprünglich erwartet hat.

Im Gegenzug ist natürlich auch die Konkurrenz, gerade auf den Streamingplattformen, sehr groß geworden, sowie der Wunsch vieler Jugendlicher, durch Musik erfolgreich zu werden. Musik ist deutlich schnelllebiger geworden, um mitzuhalten ist oft keine Zeit mehr für jahrelang durchgeplante Konzeptalben. Das und viele weitere Veränderungen durch beispielsweise Streaming, könnten aber auch Gründe sein, warum Trap-Musik heut so populär ist.

Musikstreaming

Wer heutzutage Musik hört, macht dies höchstwahrscheinlich über einen Musikdienstanbieter wie Spotify, Deezer oder Apple Music. Vinyls sind zwar seit einiger Zeit wieder im Trend, hat aber für viele eher eine Art Sammlerwert, um die eigenen Lieblingsalben physisch bei sich Zuhause stehen zu haben. Ein Album auf CD zu pressen ist heute schon längst keine Verpflichtung mehr, da man über sogenannte Distributor, die eigenen Songs vom Wohnzimmer aus in die ganze Welt hinaustragen kann.

Dies war für die Musikindustrie eine große Umstellung, da man zum einen kein eigenes Label mehr brauchte, um seine Musik für den Hörer verfügbar zu machen und zum anderen nun Algorithmen für die Verbreitung des Songs zuständig sind. Dies zieht Vor- und Nachteile mit sich. Auf der einen Seite wirkte man somit der Musikpiraterie entgegen, die gerade in den 2000er Jahren mit der fortschreitenden Entwicklung des Internets, ein immer größeres Problem wurde, auf der Anderen war nun ein Fan aber nicht mehr gezwungen einen gewissen Betrag zu zahlen, um ein komplettes Album hören zu dürfen. Streamingzahlen rückten in den Vordergrund. Ein echter Hit wird heutzutage an den gesammelten Streams gemessen, auch die Chartplatzierungen sind seit einiger Zeit abhängig von den Streamingzahlen und schauen weniger auf die vertriebenen Einheiten. Mit dieser Wandlung hat sich speziell der amerikanische HipHop-Markt schnell verändert. Eine weitere Folge dieser Entwicklung ist die sinkende Durschnittslänge eines Songs. Die Theorie dahinter ist ganz einfach: Je kürzer der Song, desto öfter kann er natürlich gestreamt werden. Je öfter ein Song dementsprechend gestreamt wird, desto mehr Geld gibt es für den Künstler/das Label vom Streaminganbieter und desto leichter bekommt man auch einen Platz in den Charts. Während man vorher versuchte, einen Song im Radio laufen zu lassen, versucht man nun seine Songs in Spotifyplaylists zu platzieren. Über die Jahre wussten verschiedene Künstler diese Entwicklung für sich zu nutzen.

Ein gutes Beispiel dafür ist die sogenannte "Soundcloud Era", durch die berühmte Künstler wie Lil Uzi, Playboi Carti, oder XXXTentacion ihren Weg ins Rampenlicht fanden. Diese luden über Soundcloud, aber auch Spotify, etc. ihre Musik ins Netz und gingen innerhalb kürzester Zeit viral. Auffällig ist hier auch wieder die Länge vieler Songs. So erschien im Jahr 2017 z.B. XXXTentacion’s Album namens "17", welches mit 11 Songs gerade einmal auf eine Länge von 21 Minuten und 59 Sekunden kommt. Dennoch wurde es in der Szene als wahres Meisterwerk gefeiert und mehrere dieser Songs haben heute weit über eine Milliarde Streams auf Spotify erzielen können.

Trap und Drill wurden durch Bewegungen in Atlanta, New York und Chicago mit Künstlern wie Chief Keef oder Gucci Mane nach und nach etabliert und passten durch ihre Eigenschaften sehr gut zu besagter Streamingentwicklung. Mit der zunehmenden Popularität dieser Genre, fanden auch die heutzutage überall auffindbaren Trap-Drums ihren Weg in die Musikindustrie.

Social Media

Social Media Plattformen sind ein weiterer großer Teil der Entwicklung. Wer heutzutage seine Musik promoten will, tut dies nicht mit dem Verkauf von CD’s aus dem Kofferraum, sondern indem er seine Musik über verschiedene Internetplattformen teilt und somit auf verschiedenste Weisen neue Follower generiert, die dann im Idealfall zu wahren Fans werden können.

Auch die sozialen Medien selbst haben eine große Entwicklung durchgemacht. Während damals Facebook das neue große Ding war, liegt heute TikTok im Trend. Aber auch andere Social Media- Plattformen haben ihre Relevanz und unterscheiden sich in ihren Algorithmen voneinander. Jede Plattform versucht dabei mit der Zeit mitzuhalten und ihre eigene Nische zu finden und auszubauen. Ähnlich wie beim Streaming liegt hier heute Shortform-Content im Trend. Videos die im Idealfall vielleicht 15 Sekunden sind, können mehrmals hintereinander angeschaut werden und sollen möglichst viele Reize bedienen. Ein wichtiger Aspekt ist hierbei Musik. Um einen gewissen Punkt, oder eine gewisse Stimmung in sehr kurzer Zeit zu transportieren, ist Musik ein sehr gut geeignetes Mittel, da wir als Menschen sehr schnell Töne und Melodien einer gewissen Stimmung zuordnen können. Durch TikTok haben es verschiedene Songs überhaupt erst geschafft viral zu gehen, wichtig sind hierbei meist besonders herausstechende Passagen eines Songs, kleine Gimmicks oder experimentelle Spielereien. Moderne Trapsongs schaffen es recht häufig in die Trends.

Eine weitere Entwicklung durch Social Media, ist die schiere Frequenz mit der ein Künstler Musik und weiteren Content herausbringen muss. Kaum ein Künstler kann es sich heute noch herausnehmen, sich 2-3 Jahre Zeit zu lassen für ein Release, denn die Social Media Algorithmen machen einem hier ein Strich durch die Rechnung. Es gibt zwar immer wieder Ausnahmen, doch die Regel zeigt, dass Leute die sich zu viel Zeit mit ihrer Musik lassen, auch schnell in Vergessenheit geraten. Durch die pure Masse an Informationen die wir als Mensch innerhalb eines Tages verarbeiten müssen, ist es nicht leicht als Künstler herauszustechen und auf Dauer relevant zu bleiben. Ohne Social Media hätten es Künstler wie Lil Pump oder 6ix9ine vielleicht nie auf die große Bühne geschafft, doch auch hier sieht man, dass kontroverse Social Media Auftritte nicht reichen, um eine dauerhaft erfolgreiche Karriere zu führen. Gerade im HipHop-Bereich hat man dies auf dem harten Weg lernen lernen müssen und sich nach und nach wieder in eine andere Richtung orientiert. Viral gehen ist zwar nicht out geworden, doch inzwischen tut man dies lieber wie Yeat mit einem Hyperpop-Song auf TikTok, als mit Provokation und Skandalen.

 

 

Digitale Audiotechnik

Der Wandel im Entstehungsprozess der Songs vollzog sich fließend. Im Laufe der Zeit hat sich auch in Sachen Tonstudios einiges verändert. Der Wechsel von analoger Audiotechnik zu digitaler Audiotechnik begann unter anderem durch das Aufkommen von Computern. Um an Musik arbeiten zu können, braucht man heutzutage nur noch einen Rechner mit einer DAW und einem Audiointerface. Mit dem Internet gibt es für jedermann Zugang zu VST-Plugins, Drumsamples, MIDI-Intsrumenten und dem nötigen Grundlagenwissen. Mit der Zeit entstanden viele Songs nicht einmal mehr in einem professionellen Tonstudio, sondern wurden Zuhause produziert, über ein einfaches Mikrofon aufgenommen und von Hobbytontechnikern abgemischt. Diese Entwicklung macht sich auch im HipHop bemerkbar. Ein etwas verzerrtes Soundbild, mit energetischen Drums und kontrolliertem Clipping gewann an Popularität. Moderner Trap lebt sehr viel von der Energie und dem Vibe den man kreiert. Lyrik und Reimketten sind oft zweitrangig und eine glasklare Stimme schon längst nicht mehr immer nötig. Die oft als Mumble-Rap abgetane Trapbewegung etablierte sich immer weiter, auch weil sie recht gut von Zuhause aus zu verwirklichen war. 

Auch für Produzenten hat sich in Zuge dessen einiges verändert. Um mit dem gestiegenen Tempo mithalten zu können, splitten viele Produzenten ihre Arbeit. Oft finden sich Kollektive zusammen wie z.B. die "808 Mafia", welche zum einen aus Beatproduzenten besteht, zum anderen aber auch aus Leuten, welche fast ausschließlich für das Samplemaking zuständig sind. Unter Samplemaking versteht man grob gesagt das komponieren einer Melodie, mit der andere Produzenten arbeiten und am Ende ihre eigenen Drumpatterns unterlegen. Durch die Teilung von Aufgaben kann man dem Druck der Industrie gerecht werden und wesentlich mehr Songs in einem Jahr releasen. 

Fazit

Am Ende kann man sagen, dass die Entwicklung in der Musikindustrie über die letzen 20 Jahre sehr rasant war. HipHop ist in vielen Teilen der Welt zum Nummer 1 Genre geworden, was vorher quasi undenkbar war. Gerade Radio- und Fernsehsender waren kein großer Fan von explizierter Sprache, da Sendungen bundesweit für alle Altersgruppen ausgestrahlt wurden. Heute ist es wesentlich leichter selbst zu entscheiden, welche Informationen man zu sich führt. Besonders durch die neuen Medien, haben viele Aspekte in die Hände des HipHop-Genres gespielt und dabei wurde hier wahrscheinlich nur ein Bruchteil davon benannt. 

Ob diese Gesamtentwicklung weiterhin bleibt, oder irgendwann stagniert und nachlässt, ist sich schwer sagen. Vielleicht wird HipHop, Trap und alles weitere auch wieder aus dem Mainstream verschwinden und andere Genre setzen sich durch. Die Zukunft vorherzusagen ist schwer, man kann aber sagen, dass das Genre wohl eines derjenigen ist, welches zu diesem Punkt am Meisten von "new Media" profitiert hat.